Mittwoch, 16. Januar 2013

Grundrechte für Deutschland und für Hannover



Trotz der Bedenken des Hannoverschen Ministeriums waren die „Grundrechte des Deutschen Volkes“ mit Einführungsgesetz, datiert am 27. Dezember 1848 und unterschrieben vom Reichsverweser Erzherzog Johann sowie von den Reichsministern H. v. Gagern, v. Peucker, v. Beckerath, Duckwitz und R. Mohl, in Frankfurt verkündet worden. Die Bestimmungen in den acht Artikeln bildeten die Grundlage für das Zusammenleben im demokratischen Staatengebilde, vor allem die Freiheit der Person, Aufhebung der Standesunterschiede, Freiheit der Meinungsäußerung, der Presse, des Glaubens, der Wissenschaft und Lehre, Versammlungsfreiheit und nicht zuletzt die Unabhängigkeit der Gerichte.
In den Druckereien der verschiedenen deutschen Länder, u.a.  bei J. G. Heyse in Bremen und bei Lehnhardt in Mainz, war der Gesetzestext in aufwändiger Gestaltung verlegt  und in den Ländern verteilt worden. Die Abonnenten der „Zeitung für Norddeutschland“ erhielten als Gratisbeilage ein schön gestaltetes Plakat mit Wappenvogel und Zierrahmen, gedruckt bei den Gebrüdern Jänecke. Dieses Schmuckstück wurde zu Hunderten in den Buchhandlungen verkauft und hing nun in Hannover an allen öffentlichen Orten aus. Auch in dem Café, in dem Althaus seit den Ermahnungen der Schwester jeden Abend nach Fertigstellung der Ausgabe für den nächsten Tag ein Ruhestündchen verbrachte, war es an der Wand angebracht. Mit Genugtuung stellte er fest, dass es ständig abgehängt und studiert wurde und von Hand zu Hand ging. Es war nun Sache der einzelnen Regierungen, das gesamtdeutsche Gesetzeswerk in den jeweiligen Ländern zu publizieren und umzusetzen.
Der 21. Januar 1849 war ein Sonntag. Nicht nur wegen des strahlenden Winterwetters war es ein ganz besonderer Tag. Nach einem Aufruf Adolf Menschings vom Hannoveraner Volksverein, der nach dem März 1848 aus den wöchentlichen Versammlungen im Ballhof hervorgegangen war, sollte in der Stadt die Anerkennung der Grundrechte des deutschen Volkes gefeiert werden. Theodor berichtete seiner Schwester von dem „herrlichen politischen Sonnenschein“, den Hannover an dem Tage erlebte. Am liebsten hätte er ihr die helle Morgensonne mit dem Brief hinüber nach Detmold geschickt. Und noch viel lieber hätte er Elisabeth dabei gehabt, als er nachmittags losging auf den Marktplatz, wo sich Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen versammelten, um für die Verkündung und Publizierung des Reichsgesetzes im Königreich Hannover zu demonstrieren. Er war auch dabei, als an die dreitausend Menschen vom Rathaus durch die Kramerstraße über den Holzmarkt zum Neustädter Markt zogen, wo die Grundrechte für das deutsche Volk öffentlich verlesen wurden.
Dieses eindrucksvolle Votum der Hannoverschen Bevölkerung führte jedoch keineswegs dazu, dass die gesamtdeutschen Grundrechte von der Regierung des Königreichs Hannover anerkannt und publiziert wurden.
Auch die Presse kämpfte für das Reichsgesetz, mit Ausnahme der „Hannoverschen Zeitung“, die als Sprachrohr der Regierung galt. Innenminister Stüve selbst verfasste regelmäßig Artikel für dieses Organ. Er hielt nach wie vor an seinen Bedenken fest und wartete, wie in den Aktenstücken vom Dezember 1848 angekündigt, auf die Entscheidung der Ständemitglieder, deren Wahl in diesen kalten und schneereichen Januartagen in vollem Gange war.



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