Dienstag, 12. Februar 2013

1849 Ständeversammlung in Hannover





Am 1. Februar 1849 war es dann so weit. Die Eröffnung der Ständeversammlung war für Hannover ein ganz besonderer Tag. Schon früh am Morgen fuhren Kutschen durch die Straßen der Stadt, um die Deputierten zum Eingang der Neustädter Hof- und Stadtkirche zu bringen, in der um 10 Uhr morgens ein Gottesdienst mit einer Predigt von Konsistorialrat Niemann stattfand. Anschließend ließen sich die Mitglieder zum Landschaftlichen Gebäude in der Osterstraße fahren.
Theodor Althaus war natürlich auf der Galerie des Ständesaales anwesend, als mittags um 2 Uhr Graf Bennigsen im Auftrag des Königs Ernst August  vor dem Plenum erschien und nach der Verlesung einer Thronrede, in der die politischen Richtlinien der Regierung des Königreichs Hannover dargelegt wurden, die Ständeversammlung eröffnete.
Zu dieser Regierungserklärung könnten im Leitartikel „Die Hannoversche Thronrede“ am 2. Februar 1849 eigentlich überwiegend erfreuliche Aussichten zur deutschen Angelegenheit zu lesen sein. Demnach betrachtete es seine Majestät, König Ernst August, als „eine heilige Pflicht für die Sicherheit und Wohlfahrt Deutschlands keine Opfer zu scheuen“.
Das hörte sich gut an, wäre da nicht ein dunkler Punkt in den Ausführungen gewesen. Die Thronrede enthielt eine Solidaritätserklärung  der hannoverschen Regierung für Preußen. Das fiel schwerer ins Gewicht als diffuse Beteuerungen in salbungsvollen Worten. In vorangegangenen Artikeln hatte Althaus es bereits fertig gebracht, den Nebel um die preußische Note vom 23. Januar 1849 zu lichten und den politischen Inhalt auf den Punkt zu bringen. Wie Österreich, verwehrte Preußen der deutschen Zentralgewalt die Akzeptanz und stellte somit die Kompetenz der Nationalversammlung in Frage. Das bedeutete auch eine Ablehnung des mehrheitlich favorisierten Vorschlags von Gagerns, der nach dem Rücktritt von Schmerling das Amt des Reichsministerpräsidenten übernommen hatte.
Ministerpräsident von Gagern plädierte für die kleindeutsche Lösung, d.h. einen deutschen Bundesstaat zunächst ohne Österreich und dafür, einen Kaiser an die Spitze des Reiches zu wählen. Alles andere hielten er und die parlamentarische Mehrheit zu der Zeit für nicht realisierbar. Preußen lehnte das ab.
Und wie sollte ein deutscher Nationalstaat gegen die Widerstände von Preußen realisiert werden? Wenn man vor diesem Hintergrund die Solidaritätserklärung der hannoverschen Regierung für Preußen betrachtete, wurde klar, wie tiefdunkel der kritische Punkt in dieser Thronrede war. Hannover half nicht nur der deutschen Sache nicht aus dem Sand, sondern schob sie noch weiter hinein.
Althaus appellierte an die Ständeversammlung, trotzdem einen Konsens anzustreben und sich als gewählte Volksvertreter im Königreich Hannover primär und vehement für das wichtigste Ziel einzusetzen: Die Verwirklichung von „Reich und Reichgesetz“, das hieß konkret, die seit dem 21. Januar 1849 ausstehende offizielle Anerkennung und Publizierung der am 28. Dezember 1848 im Reichsgesetzblatt verkündeten Grundrechte des deutschen Volkes einzufordern..
Seinem Vater schrieb Theodor am 2. Februar 1849, das Zusammenkommen der hannoverschen Stände habe frische Bewegung in sein Leben gebracht, was einerseits vermehrte Arbeit bedeutete, jedoch andererseits das Knüpfen neuer Kontakte ermöglichte. Insbesondere erwähnte er den Göttinger Literaten Adolf Ellissen, der in der Ständeversammlung als progressiver Geist eine wichtige Rolle spielte und Otto von Reden, dessen Erfahrungen als früherer preußischer Ministerialrat ihm einen Blick hinter die Kulissen der Verwaltung gewährte.
Wegen der unverschnörkelten Botschaften in seinen Artikeln hatte der leitende Redakteur des fortschrittlich orientierten Blattes bereits in den wenigen Wochen seit Erscheinen viel Aufmerksamkeit im positiven Sinne auf sich gezogen. Seiner Schwester vermeldete er im Brief nach Detmold eine erfolgreiche Entwicklung seiner Zeitung, die noch gesteigert werden könnte, wenn die Hannoversche Post schneller wäre und die Abläufe im Druck- und Verlagshaus Jänecke verbessert würden.  „Wie oft habe ich es gesagt: könnte ich mich in des Himmels Namen nur verdoppeln  oder verdreifachen! Zweimal würde ich mich für die Redaction engagiren und einmal für die Druckerei.“
Die gewählten Ständevertreter aus dem  gesamten Königreich sowie einige vom König ernannte Regierungsvertreter tagten, eingeteilt im Zweikammersystem, fast täglich im Landschaftlichen Gebäude, das in Hannover auch Ständehaus genannt wurde.
Die erste Kammer mit 68 Mitgliedern bestand überwiegend aus Abgeordneten der größeren Grundeigentümer, einigen von Handel und Gewerbe und einige Vertreter der evangelischen Geistlichkeit. In der zweiten Kammer waren mit 82 Mitgliedern fast alle Gesellschaftsschichten vertreten, vom Schuhmacher über den Deichvorsteher, Gastwirt, Oberförster, Ackermann, Amtsassessor, Schulheiß bis zum Advokaten.  
War schon die Thronrede der Regierung im Zusammenhang mit den Grundrechten und der zu erwartenden Reichsverfassung mehr als unbefriedigend ausgefallen, so beobachtete man das Geschehen in den Sitzungen der Stände mit entsprechend hohen Erwartungen und großen Hoffnungen.
In Anbetracht einer Fülle von eingegangenen Gesetzesvorlagen hielten die meisten Deputierten es für äußerst wichtig, die deutsche Frage nicht auf die lange Bank zu schieben, sondern möglichst vor allen anderen anzugehen. Deshalb bildete man eine Kommission aus je sieben Mitgliedern pro Kammer mit dem Ziel, eine entsprechende Adressschrift an die Regierung auszuarbeiten,  eine Aktion, an der Adolf Ellissen maßgeblich beteiligt war. 

Leseprobe aus:

Renate Hupfeld, Theodor Althaus - Revolutionär in Deutschland

Taschenbuch bei  http://www.text-und-byte.de/





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