Die sieben „Mährchen“ entstanden zu
einer Zeit, in der man in Deutschland sehr gut überlegen musste, was man sagte,
schrieb und tat. Nach den Karlsbader Beschlüssen im September 1819 waren die
deutschen Länder mit einem Netz von Spitzeln überzogen. Versammlungen und Publikationen
wurden akribisch überwacht, Urheber unerwünschter Aktionen abgemahnt, mit
Berufsverboten bestraft, ausgewiesen oder landeten im Gefängnis. Prominente
Beispiele sind Professor Hoffmann von Fallersleben, der als fahrender Sänger
von Land zu Land zog und sieben Professoren der Universität Göttingen, die
ihren Job verloren, weil sie gegen eine Maßnahme des Königs von Hannover
protestiert hatten. Ernst August hatte mal kurzerhand die Verfassung vom Tisch
gefegt. Zu den „Göttinger Sieben“ gehörten die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm. Der
Student Theodor Althaus lernte die drei Professoren einige Jahre später in
Berlin kennen, wo die Grimms wieder arbeiten durften, weil der preußische König
die Karlsbader Beschlüsse anders auslegte als Ernst August.
So war das in
Deutschland, staatliche Willkür war an der Tagesordnung. Das bekamen auch
Absolventen der Universitäten zu spüren. Als Teilnehmer von studentischen Veranstaltungen,
in denen demokratische Strukturen gefordert wurden, hatte der junge Althaus nach
erfolgreichem Studienabschluss im Jahre 1844 in Preußen keine Chance auf eine
Anstellung. So kehrte er zurück in seine Studierstube im Detmolder Elternhaus,
unternahm Wanderungen, schrieb Artikel für liberale Magazine und längere
Schriften zu Themen aus Kirche und Gesellschaft, außerdem Gedichte und
Geschichten.
Nachdem im
Jahre 1846 die Publikation seines längeren Gedichts „Eine Rheinfahrt im August“
vom preußischen Oberzensurgericht verboten worden war, hatte Theodor Althaus
ein Jahr später in Leipzig mehr Glück mit einer Sammlung seiner Erzählungen,
allesamt Zeitbilder aus der Zeit des Vormärz, die den Widerspruch zwischen dem
Hochmut der Herrschenden und der bitteren Not der Bevölkerung aufzeigten. Der
sächsische Zensor ließ die als „Mährchen“ verpackte Systemkritik durchgehen und
forderte lediglich Namensänderungen in der Satire auf König Ludwigs Affäre mit
der spanischen Tänzerin. So wurde aus der Stadt München „Klostersingen“, dem
bayrische König Ludwig I. „der alte Herr“ und Lola Montez „Carambola“.
„Mährchen aus der Gegenwart“ erschienen im Jahre 1848 im Verlag von Wilhelm
Jurany in Leipzig.
Inhalt:
Die Herberge der Gerechtigkeit
Ein Idyll
Das alte Lied
Ein Freiheitstanz
Eine Nacht der Gegenwart
Aus der Einsamkeit
Zwei Freunde