Samstag, 28. Dezember 2013

Neubeginn in Hannover



Nach der ersten Orientierung im neuen Wirkungskreis begann er schon bald, in den entsprechenden Stellen erste Kontakte zu knüpfen und sich als neuer Redakteur in Hannover vorzustellen. Einer seiner ersten Besuche galt Innenminister Stüve aus Osnabrück, der nach den Märzereignissen das Ministerium übernommen hatte. Der Empfang war alles andere als freundlich. Stüve schien das Erscheinen einer neuen Tageszeitung in der Hauptstadt des Königreichs Hannover nicht sonderlich zu interessieren. Jedenfalls gab er sich anderweitig beschäftigt und war äußerst abweisend. Der tiefere Grund dafür waren seine Vorbehalte gegenüber dem engagierten Zeitungsmann. Stüves Bemerkung, die Redakteure der Bremer Zeitung hätten den norddeutschen Charakter auf die Probe gestellt, wies darauf hin, dass er über die Vorgänge in Bremen informiert war.  Er selbst hatte nach der Übernahme des Amtes im Märzministerium einen Rechtsruck gemacht und vermittelte den Eindruck, als sei es ihm am liebsten, wenn das bestehende System beibehalten würde. In seiner gewohnten Art, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, scheute Althaus nicht davor zurück, das brisante Thema Reichsverfassung direkt anzusprechen. Stüve reagierte wehrte das Gespräch ab. Der fünfzigjährige Minister des Königreichs Hannover und der ungestüme Redakteur der Zeitung für Norddeutschland brachten es nicht fertig, sich sachlich auseinanderzusetzen. Es klang zugleich trotzig und zynisch, wenn Theodor seiner Schwester versicherte: Ich bin für mein Theil sehr zufrieden, denn ich habe Alles, was ich erwarten konnte: ihn nämlich kennen gelernt und einigen Stoff für meine Combinationen.  
Nachdem er in die unmittelbare Nachbarschaft des Druckhauses in die Osterstraße Nr. 89 umgezogen war, ging die Zeitungsarbeit erst richtig los. Bis zum Erscheinen der ersten Ausgabe war noch jede Menge vorzubereiten und nicht alle technischen und organisatorischen Gegebenheiten in Druckerei und Büro waren fertig gestellt. Letzteres war vorerst nur provisorisch eingerichtet und außerdem ungemütlich kalt, was der vorweihnachtlichen Stimmung nicht gerade zuträglich war.
Nach dem Weihnachtsfest mit morgendlichem Besuch der Wohlbrücks und der Setzer sowie einem nachmittäglichen seinerseits bei den Jäneckes war dann am letzten Tag des Jahres 1848 das zukunftsweisende neue Projekt startfertig. Die erste Ausgabe der Zeitung für Norddeutschland ging in den Druck. Doch genau an dem Tage erreichte Theodor Althaus die Nachricht von der plötzlich aufgetretenen schweren Erkrankung seiner Mutter. So erschütternd diese Botschaft auch war, so konnte er doch nicht alles liegen lassen und Knall auf Fall nach Detmold fahren.
Es kam noch schlimmer. Zwei Tage später erfuhr er, dass seine liebste kleine Mama gestorben war. Das war ein Schlag, der ihm fast das Herz brach. Mit äußerster Beherrschung und Mühe machte er noch einen Leitartikel druckfertig und fuhr die ganze Nacht hindurch, um morgens bei der Beerdigung dabei zu sein. 

[Dezember 1848]

Leseprobe aus:


Foto: © Renate Hupfeld (Aegidienkirche in Hannover)

Dienstag, 17. Dezember 2013

Althaus in "Best of Indie"



"Gefangen für die Freiheit - das kurze Leben des Theodor Althaus" ist die Überschrift der Buchvorstellung der Biografie von Theodor Althaus in dem Magazin "Best of Indie", das von der Literaturwissenschaftlerin Gundel Limberg zusammen mit Katia Fleschütz und Jaqueline Spieweg aus der Taufe gehoben wurde und soeben als eBook erschienen ist. Engagiert und kompetent wird erläutert, warum die Lebensgeschichte dieses Protagonisten der 1848er Revolution, wortstarker und selbstloser Kämpfer für Freiheit und Demokratie, hier seinen Platz gefunden hat. Im Schlusssatz heißt es: "... eine Biographie, die in kurzen 30 Lebensjahren deutsche Geschichte erlebbar macht und anderen Autoren womöglich das Tor zu großen Erzählstoffen aufstoßen kann." 
Und um große Erzählstoffe geht es in weiteren Buchvorstellungen aus anderen Genres von Thriller bis Ratgeber. Außerdem gibt es im neuen Magazin interessante Essays zu Selfpublishing, NaNoWriMo und Buchmarkt sowie Interviews zum Lektorieren und QLU, eine neue Vertriebsform für eBooks, sowie eine Blogvorstellung. 


Hier ist der Link zum Kindle eBook: Best of Indie - Magazin

Zum Lesen auf allen Geräten gibt es die:  Gratis Kindle Lese-Apps

Samstag, 7. Dezember 2013

Nordischer Wintergarten



Wie ein Nordischer Wintergarten musste Theodor Althaus die kleine Welt in Detmold vorgekommen sein, als seine Freundin Malwida von Meysenbug Ende September 1844 für einige Monate in die Provence gereist war. Ohne berufliche Perspektive nach dem Abschluss seines Studiums waren die Gespräche mit ihr mehr als nur Lichtblicke. Er hatte sich verliebt in die Frau, die seit seiner ersten Predigt in ihm einen jungen Apostel sah, dessen Botschaften sie im tiefsten Herzen trafen. Seine poetischen Abschiedsgrüße gab er ihr mit auf den Weg und schrieb weitere Gedichte, die er ihr widmete. 

Ein Paradies im Sturm


Wild um das Haus den Schneesturm trieb der Wind
Und riß herauf in den Kamin die Flammen –
Ein Abend, wie sie nur im Norden sind;
Im hohen Saal saß ich mit ihr zusammen.

Sie reichte mir des deutschen Dichters Buch,
Der mir so oft das kalte Licht beseelte;
War ich ergriffen von des Sturmes Zug,
Daß ich ein stürmisch Lied zum Lesen wählte?

Es sang von dunkler Noth und Erdenlast,
Wie ich so oft sie quälend, lastend fühlte:
Sang von der Seele Kampf – da war mir fast,
Als ob der Sturm da draußen um mich wühlte!

Und seine Sprache wurde mir vertraut,
Er trug das Lied und mich auf seinen Schwingen, -
Das wilde Lied, in dem ein jeder Laut
Aus Nacht und Sturm sich schien emporzuringen.

Und wie ich las des Sieges Flammenwort
Das endlich aufloht aus den Finsternissen:
Da war’s, als würde mir die Seele fort
Im Flammenwehn und Lodern mitgerissen.

Zu ihr aufsah ich. Ihre Wangen bleich,
ihr Auge feucht, von Geist und Liebe glühend –
Mein Liebesstern, mein selig Himmelreich,
Mein Paradies, in Sturm und Norden blühend!

Sonett


Spät war’s. Ich schaute in die Wolkenzüge,
Die wunderbar sich bildenden Gestalten,
Wie sie dort oben licht und dunkel wallten –
Mir, als ob ein Geisteshauch sie trüge.

Hinaus in’s Freie, schlürfe Vollgenüge
Der Lebensluft, o Brust! Und frei entfalten
Ließ ich die Töne sich, die in mir hallten.
Und Phantasie hob schwärmend ihre Flüge.

Aus meiner Brust, in alle Fernen rankten
Sich Wolkenträume auf wie wilde Reben,
Die windbewegt an deinem Fenster schwankten.

Laß einmal sie durch deine Träume schweben,
Wenn es zu kühn nicht ist, was sie verlangten:
Ein Lebewohl des Nordens Dir zu geben.



Sonntag, 1. Dezember 2013

Zeitung für Norddeutschland



In diesen schweren Zeiten [Dezember 1848 in Bremen] hatte der junge Redakteur manchmal das Gefühl, er müsse zusammenbrechen. Wie lange hatte er seine liebste kleine Mama nicht mehr in den Arm genommen? Und wann zuletzt mit dem Vater geredet? Auch die Geschwister waren zu kurz gekommen. Dabei hielten sie treu zu ihm, dessen konnte er sich ganz sicher sein. Wie in ruhigeren Zeiten würde er wieder mehr Briefe schreiben. Den ersten bekam Friedrich. Der setzte sein Studium in Leipzig fort und brauchte dringend ein paar Ratschläge. Von allem sollte er sollte das Beste wählen, sei es Musik oder Theater, er würde ihn dabei finanziell unterstützen. Auch Großvater Dräseke bekam einen ausführlichen Bericht nach Potsdam. Er erzählte ihm von den Belastungen durch seine Arbeit richtete einen Gruß aus von Tischlermeister Cord Wischmann, der sich gerne an den Prediger Dräseke in St. Ansgarii erinnerte und jetzt Vorsitzender des Bürgervereins war. In dem Zusammenhang berichtete er auch über die Unterstützung, die er von Wischmann und dessen Verein gegen die gemeinen Anfeindungen bekommen hatte.

Der Mutter schrieb er am 1. Dezember, dass nun bald die Übersiedlung nach Hannover anstehe, wo er mit einem jungen engagierten Verleger zusammenarbeiten würde. Viel Arbeit werde auf ihn zukommen [Zeitung für Norddeutschland], sodass er schon jetzt sagen könne, dass er Weihnachten nicht nach Hause komme. Es sei jedoch ein Trost, dann in Hannover doch ein Stückchen näher an Detmold zu sein als jetzt in Bremen. Liebe Mutter! Die Wege, auf denen ich sonst in meinen Briefen wohl lustwandelte, sind jetzt, in diesen Monaten, äußerst verwachsen, und es scheint zuweilen, als ob keine Seele je da gewesen wäre. Laß Dich’s nicht irren, wie ich’s auch nicht thue. Stellt man sich in die Ferne, so sieht man ja doch einen grünen Schimmer, nur ist es mehr Urwald als Gartenland, wie vorher. Es wird aber auch schon wieder eine Zeit kommen, wo freundliche Hände die Zweige auseinanderbiegen und doch noch Blumen und Sprossen im Schatten entdecken.


Leseprobe aus: