Die schockierendste
Nachricht des Jahres war in der zweiten Ausgabe der Bremer Zeitung vom Montag, dem 13. November 1848, zu lesen. Es war
die Wiedergabe einer amtlichen Bekanntmachung aus Wien, die jeden Freund der
demokratischen Bewegung in tiefster Seele traf:
Mittelst
st a n d r e c h t l i c h e n
U r t h e i l s vom 8. d. M.,
ist R o b e r t B l u m,
Buchhändler aus Leipzig, überwiesen durch sein eigenes Geständniß, wegen
aufrüherischen Reden und bewaffneten Widerstande gegen die kaiserlichen Truppen
in Folge der von S. Durchlaucht dem k. k. Herrn F. M. Fürsten zu Windischgrätz
unterm 20. und 23. Oct. erlassenen Proclamationen z u m
T o d e
v e r u r t h e i l t,
und das Urtheil am 9. November 1848 Morgens um halb acht Uhr in der Brigittenau
mit P u l v e r u n d
B l e i v o l l z o g e n
w o r d e n.
Das war weit tragischer, als Theodor Althaus es sich
in seinen schlimmsten Visionen hätte vorstellen können. Ein erschütternder
Schlag mitten in das Herz. Gab es denn nur noch Niederlagen? So sah die
Konterrevolution aus. Es ging um Leben und Tod. Robert Blum! Was für ein Mann! Gelebte Überzeugung. Stark wie keiner.
Wie konnte das passieren? Es fiel Theodor Althaus schwer, an diesem Novembertag
seine Gedanken zu ordnen, doch den Nachruf war er seinem Freund schuldig. Sein
bitterer Tod durfte nicht umsonst gewesen sein. Erst ein Jahr war vergangen,
seitdem Blum beim Schillerfest in Leipzig gewirkt hatte, als Mann des
Vertrauens, der das Volk aufhorchen ließ und der überzeugte. Dann die
Märznacht, als noch das revolutionäre Ungestüm Triumphe feierte und er im
kleinen Kreis die politischen Ziele seiner Gruppierung für das Vorparlament
festlegte, voller Hoffnung und Zuversicht. Drei Monate später, im Juni, als
Führer der Linken seine Rede zur Zentralgewalt, belächelt und verlacht und doch
so wahr, vor allem der Schluss: Wollen
Sie das Himmelsauge der Freiheit brechen sehen und die alte Macht heraufführen:
s c h a f f e n Sie ihre
D i c t a t u r.
War das nun Wirklichkeit geworden? War in der
Zentralgewalt tatsächlich die alte Macht wieder hervorgekommen? Sogar zur
Diktatur geworden, wenn sie es in Kauf nahm, dass ein vom deutschen Volke
gewählter Vertreter für ein deutsches Parlament auf deutschem Boden ohne
rechtliche Grundlage brutal hingerichtet wurde? Windischgrätz müsse sofort
seines Kommandos enthoben, zur Verantwortung gezogen und bestraft werden,
verlangte Althaus in seinem Leitartikel am 14. November 1848.
Wer
aber sollte die Ermordung des deutschen Abgeordneten Robert Blum ahnden in
einer Zeit, in der ein Ministerpräsident Felix Fürst zu Schwarzenberg in
Österreich das reaktionäre Ruder in die Hand genommen und ein Hohenzollernkönig
in Preußen alles vergessen hatte, was er seinen lieben Berlinern im März
versprochen hatte? Was war zu tun, wenn in den beiden größten und
einflussreichsten Ländern des zu schaffenden Deutschen Reiches die
Konterrevolution ausgebrochen war? In Wien hatte sie gerade ihren blutigen Sieg
errungen und in Berlin hatte das Militär am 11. November 1848 die Bürgerwehr
entwaffnet und am Tag darauf General der Kavallerie von Wrangel den
Belagerungszustand über die Stadt verhängt. Und wer konnte verhindern, dass am
5. Dezember 1848 Friedrich Wilhelm VI., König
von Gottes Gnaden, die Auflösung der preußischen Nationalversammlung
verordnete und am selben Tage eine Verfassung für den preußischen Staat
oktroyierte?
Angesichts dieser Rechtsbrüche und ignoranten
Haltung den gemeinsamen Bestrebungen gegenüber sah Althaus die Fortschritte und
vor allem die Verwirklichung der Paulskirchenarbeit an der Verfassung für den
deutschen Bundesstaat gefährdet. Wer sollte
die Reichsverfassung ins Leben einführen, wenn die Großmächte sich weigerten,
sich als gehorsame Glieder in die neue Ordnung des Bundes zu fügen, den sie
bisher beherrschten? Im Leitartikel am 13. Dezember 1848 beklagte er, der alte despotische Geist wollte die
Revolution beenden, indem er sie vernichtete, doch die werde nur beendigt durch die Befriedigung ihrer
Forderungen.
Leseprobe aus:
Theodor Althaus - Revolutionär in Deutschland (Kindle)
Theodor Althaus - Revolutionär in Deutschland (Kindle)
Theodor Althaus - Revolutionär in Deutschland (Taschenbuch)
Danke für ihren Beitrag, diesen Einblick in die Geschichte ..... jetzt gerade in dieser Zeit.
AntwortenLöschenEin Buch welches ich auch noch lesen möchte, darum Danke ..... es beschäftigt mich. Wer seine Geschichte nicht kennt, ist auch nicht bereit für die Zunkunft, in der Gegenwart.
Gerade erst entdeckt, Danke, Renate Lutz. Ich werde nicht müde, das immer wieder zu posten.
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