Was hat die Lebensgeschichte von Theodor Althaus mit dem Reichstagsgebäude in Berlin zu tun? Besser gefragt: Wie wäre es, wenn er heute vor dem Gebäude stehen könnte, in dem das Parlament für ganz Deutschland seine Sitzungen abhält? Nun, er würde sich freuen, weil die Ziele, für die er gekämpft und gelitten hat, erreicht sind. Deutschland ist ein einheitliches, demokratisches Land, in dem die Grundrechte gesetzlich verankert sind und wo die schwarz-rot-goldene Fahne über dem Parlamentsgebäude wehen darf. Ein gesamtdeutsches Parlament. Welch ein Traum. Schon früh hatte er geahnt, dass er ihn nicht mehr erleben würde. Wenn der Zeitreisende dann durch den Tiergarten ein paar Schritte zum Brandenburger Tor ginge und entdeckte, dass der Bereich vor dem Tor Platz des 18. März heißt, würde er sich noch einmal freuen und sich an den Tag vor 165 Jahren erinnern, als hier Barrikaden standen, einige Menschen einen Sieg feierten, andere Vermisste suchten und er wiederum ein paar Schritte weiter in den Kirchen in die Gesichter der jungen Toten blicken musste. Was würde er zur Touristenmeile Unter den Linden sagen? Vor Madame Tussauds Kabinett würde er stehen bleiben, Marilyn bewundern. Ja, sie würde ihm gefallen. Und ein paar Meter weiter stadtauswärts zöge es ihn in die Friedrichstraße, wo im Innenraum der eleganten Galerie die kommerzielle Pracht ihm fast den Atem nähme. In der unendlichen Tiefe des der runden Glitzerwelt bleibt sein Blick eine Weile gefangen und spätestens wenn er draußen jemanden entdeckte, und das würde er mich Sicherheit, der mit schnellen Griffen seine kleinen Schätze aus dem Abfall fischt und der noch nicht weiß, wo er am Abend seinen Kopf hinlegen wird, würde er vollends hinter die Fassade blicken.
Ist es das, wofür er gekämpft hat? Es ist zwar viel erreicht, doch nicht alles. Wir müssen weiter darum kämpfen, dass nicht wenige viel haben und die vielen Not leiden, dass alle Menschen Brot und Obdach haben.
Fotos: © Renate Hupfeld 2013
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