Märzrereignisse in
Frankfurt
Ehe sich dieses
Problem [familiäres Problem der Familie von Meysenbug] klären ließ, gab es auf der politischen Bühne einen Paukenschlag nach
dem anderen, beginnend mit dem Aufstand in Palermo gegen den bourbonischen
König, gefolgt von den Sturmglocken in Paris, Metternichs Flucht aus Wien und
dem Barrikadenkampf in Berlin am 18. März 1848. Es wurde ein wahrer
Völkerfrühling, der von den Menschen in allen Ländern des Deutschen Bundes euphorisch
gefeiert wurde. Auf Straßen und Plätzen redete man von Freiheit und den Rechten
des Volkes.
Malwida konnte sich
über die positiven Veränderungen jedoch nur zusammen mit Theodor freuen. Von
ihm bekam sie aus Leipzig einen begeisterten Brief. In der Familie dagegen
konnte sie mit niemandem die Freude teilen, mit niemandem darüber reden. Mutter
und Geschwister waren entsetzt über die Entwicklungen und hofften auf ein
baldiges Ende.
Doch war es erst der
Beginn. Nach den revolutionären Aktionen kehrte schon bald Ruhe ein und die
Besonnenheit einiger tüchtiger Männer siegte. Zur Eröffnung des Vorparlamentes
in der Paulskirche am 31. März 1848 waren in Frankfurt alle Straßen und Plätze mit
Fahnen und Bändern in Schwarzrotgold geschmückt. Man hatte den Eindruck, dass
die gesamte Frankfurter Bevölkerung auf der Straße war. Zusammen mit einer
Freundin war auch Malwida dabei, als fast 600 Vertreter aus allen deutschen
Ländern vom Kaisersaal auf dem Römerplatz zur Paulskirche zogen, um die Wahlen
des ersten deutschen Parlamentes vorzubereiten. An vier aufeinanderfolgenden
Tagen traten die Delegierten zusammen. Auf den Straßen erlebte man herausragende
Volksmänner, die auf Holztribünen zu den Menschen sprachen. Besonders
beeindruckt war Malwida von Friedrich Hecker aus Baden und Robert Blum aus
Leipzig. Gern würde sie auch den Reden und Aussprachen in der Paulskirche
zuhören, aber der Zugang zur Galerie war nur Männern gestattet. An einem Tage
bekam sie unerwartet eine Gelegenheit durch die Hilfe eines Bekannten ihrer
Freundin, der mithalf, die Abläufe zu organisieren. Der verschaffte ihnen Zugang
zu einem nicht öffentlichen Bereich. Es war ein mit schwarzrotgoldenen Tüchern
verhängter Raum. Hinter diesem Vorhang versteckt, hielten sich einige Ehefrauen
der Teilnehmer auf, ohne gesehen zu werden. Malwida war zutiefst beeindruckt
von dem, was da unten in der kreisförmigen Kirchenhalle ablief. Das Land
bewegte sich und versprach dank des Bemühens tüchtiger Männer ein lebendiges
Staatswesen zu werden. Das mitzuerleben, war schon großartig und am 18. Mai
1848 sollte es erst richtig losgehen, wenn die offizielle Wahl der Deputierten
abgeschlossen war und sich die gewählten Vertreter der einzelnen Länder des
deutschen Bundes zur Eröffnung der Nationalversammlung in der Paulskirche
einfinden würden.
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