Dennoch wurde zu weiteren Salonabenden in das Meysenbug’sche Palais eingeladen. Der Akzent lag auf literarischen Themen, z.B. Goethes „Faust“ und die „Albigenser“ von Nikolaus Lenau. Doch diese Zusammenkünfte wurden zunehmend schwieriger für Malwida und Theodor, zumal sie sich nie zu zweit aussprechen konnten, sondern immer in Gesellschaft waren. Misstöne gab es vor allem zwischen Theodor und Malwidas jüngerer Schwester. In einem Brief entschuldigte er sich für seine Unliebenswürdigkeit gegenüber Laura am Abend zuvor:
„Wenn man einen ganzen Abend zusammen ist, und an das sich Gehen lassen gewöhnt, wie ich, so kann es nicht fehlen, daß die Stimmungen wechseln. Und bei mir, daß ich gerade in solche gerathe, wo ich nicht in Ihren Kreis passe. Wenn man zu zweien ist, ists eine andere Sache; …“
Überdeutlich
wurde hier, wie unwohl Althaus sich im Salon der von Meysenbugs fühlte, er gehörte
nicht dazu und wollte es wohl auch gar nicht. Nur Malwida zuliebe ließ er sich
darauf ein, denn er liebte sie trotz allem und die Übereinstimmung seiner
Ansichten mit ihren, vor allem in philosophisch-religiösen Fragen, war für ihn
ein Gewinn, sogar in zunehmendem Maße, denn je mehr er sich in der Residenz
isolierte, desto wichtiger war die Anbindung an die Freundin, die trotz des
kalten Gegenwinds treu zu ihm hielt. Er vertraute darauf, dass die Liebe
stärker war als der gesellschaftliche Druck. So schrieb er im selben Brief:
„Eins haben Sie
aber wenigstens sicher bei meiner – ich möchte fast sagen lieblosen Art – daß
Sie mich jedes Mal so haben, wie ich bin und nicht wie ich mich machen könnte.
Es ist das freilich ein schlechter Trost, da ich Ihnen mit dieser Art weh thun
mußte – aber ich glaube es ist dennoch immer für Sie. – Sie denken zu gut von
mir, Sie haben mich zu lieb. Wir beide wissen, was diese Liebe Edles in mir
gemacht hat, aber ich habe mich auch von ihr verwöhnen lassen. Wir vertrauen
aber auch beide, daß wir irgendwie die Harmonie wieder finden werden, einerlei
in welcher Art.“
Resignieren war
ohnehin nicht seine Sache. Von der Ressourcenmisere ließ er sich nicht
einschüchtern und gründete zusammen mit dem gleichaltrigen Theologen Carl
Volkhausen einen Leseverein, in dem Bücher und Broschüren angeschafft und zu
einem geringen Beitrag in Detmold und vielen anderen lippischen Orten
verbreitet wurden. Natürlich legten die Gründer Wert auf Texte progressiven
Inhalts zu Politik, Religion und Gesellschaft wie die von Feuerbach und Strauß,
die in Publikationen das derzeit gelebte Christentum kritisiert hatten, sowie Georg
Herwegh und Johann Jacoby, die sich mit allen Mitteln für ein demokratisches
Deutschland einsetzten. Zu den Mitgliedern des neuen Lesevereins gehörten Beamte, Ärzte, Advokaten, Kaufleute und Gutsbesitzer.
E-Book und Taschenbuch: Theodor Althaus - Revolutionär in Deutschland
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