Leineschloss in Hannover |
Trotz Bedenken und Verzögerungstaktik des hannoverschen
Ministeriums waren die Grundrechte des Deutschen Volkes mit
Einführungsgesetz, datiert am 27. Dezember 1848 und unterschrieben vom
Reichsverweser Erzherzog Johann sowie von den Reichsministern H. v. Gagern, v.
Peucker, v. Beckerath, Duckwitz und R. Mohl, in Frankfurt verkündet worden. Die
Bestimmungen in den acht Artikeln bildeten die Grundlage für das Zusammenleben
im demokratischen Staatengebilde, vor allem die Freiheit der Person, Aufhebung
der Standesunterschiede, Freiheit der Meinungsäußerung, der Presse, des
Glaubens, der Wissenschaft und Lehre, Versammlungsfreiheit und nicht zuletzt
die Unabhängigkeit der Gerichte.
In den Druckereien der verschiedenen deutschen Länder, u.a. bei
J. G. Heyse in Bremen und bei Lehnhardt in Mainz, war der Gesetzestext in
aufwändiger Gestaltung verlegt und in den Ländern verteilt worden. Die
Abonnenten der Zeitung für Norddeutschland erhielten als
Gratisbeilage ein schön gestaltetes Plakat mit Wappenvogel und Zierrahmen,
gedruckt bei den Gebrüdern Jänecke. Dieses Schmuckstück wurde zu Hunderten in
den Buchhandlungen verkauft und hing nun in Hannover an allen öffentlichen
Orten aus. Auch in dem Café, in dem Althaus seit den Ermahnungen der Schwester
jeden Abend nach Fertigstellung der Ausgabe für den nächsten Tag ein
Ruhestündchen verbrachte, war es an der Wand angebracht. Mit Genugtuung stellte
er fest, dass es ständig abgehängt und studiert wurde und von Hand zu Hand
ging. Es war nun Sache der einzelnen Regierungen, das gesamtdeutsche
Gesetzeswerk in den jeweiligen Ländern zu publizieren und umzusetzen.
Der 21. Januar 1849 war ein Sonntag. Nicht nur deshalb und
wegen des strahlenden Winterwetters war er ein ganz besonderer Tag. Nach einem
Aufruf Adolf Menschings vom Hannoveraner Volksverein, der nach dem März 1848
aus den wöchentlichen Versammlungen im Ballhof hervorgegangen war, sollte in
der Stadt die Anerkennung der Grundrechte des deutschen Volkes gefeiert werden.
Theodor berichtete seiner Schwester von dem herrlichen politischen
Sonnenschein, den Hannover an dem Tage erlebte. Am liebsten hätte er ihr
die helle Morgensonne mit dem Brief hinüber nach Detmold geschickt. Und noch
viel lieber hätte er Elisabeth dabeigehabt, als er nachmittags losging auf den
Marktplatz, wo sich Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen versammelten, um für
die offizielle Verkündung des Reichsgesetzes im Königreich Hannover zu
demonstrieren. Er war auch dabei, als an die dreitausend Menschen vom Rathaus
durch die Kramerstraße über den Holzmarkt zum Neustädter Markt zogen, wo die
Grundrechte für das deutsche Volk öffentlich verlesen wurden.
Dieses eindrucksvolle Votum der hannoverschen Bevölkerung
führte jedoch keineswegs dazu, dass die gesamtdeutschen Grundrechte von der Regierung
des Königreichs Hannover anerkannt und publiziert wurden. Auch die Presse
kämpfte für das Reichsgesetz, mit Ausnahme der Hannoverschen Zeitung,
die als Sprachrohr der Regierung galt. Innenminister Stüve selbst verfasste
regelmäßig Artikel für dieses Organ. Er hielt nach wie vor an seinen Bedenken
fest und wartete, wie in den Aktenstücken vom Dezember 1848 angekündigt, auf
die Entscheidung der Ständemitglieder, deren Wahl in diesen kalten und
schneereichen Januartagen in vollem Gange war.
Bildquelle: gemeinfrei in "Königreich Hannover": https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6nigreich_Hannover
Das Leineschloss in Hannover war die Residenz der Könige von Hannover von 1837 bis 1866.
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