Mittwoch, 4. Januar 2017

1849: "Zeitung für Norddeutschland"



Am 1. Januar 1849 erschien die erste Ausgabe der Zeitung für Norddeutschland. Ihren Lesern stellte sie sich als überregionales demokratisches Blatt vor. Der erste Leitartikel bekam die Überschrift Am Jahreswechsel. In gewohnt glänzenden Formulierungen gab der leitende Redakteur einen Rückblick  auf die revolutionären Entwicklungen des Jahres 1848. Alle Geister der alten Ordnung seien in Bewegung gebracht worden, jedoch in eine rastlose Bewegung. Ungeahnt heftige Ereignisse und überstürzte Aktionen hätten den Blick auf das große Ganze des Vaterlandes mitunter aus den Augen verlieren lassen. Er erinnerte daran, dass trotz bitterer Niederlagen in Frankfurt die Grundrechte als Reichsgesetz verkündet worden waren. Das große politische Ziel des neuen Jahres müsse nun die Vollendung der gesetzlichen Voraussetzungen für ein einheitliches Deutschland als Nation sein, und zwar in Form eines Bundesstaates, in dem es nur ein Kriegsministerium, nur ein Ministerium des Auswärtigen und nur eine Gewalt an der Spitze gebe. Nur dann sei Deutschland Garant für europäische Freiheit und Gerechtigkeit. Und nur die souveräne Nationalversammlung habe die Vollmacht, dieses Deutschland zu schaffen.
Welche Schwierigkeiten der Verwirklichung eines deutschen Bundesstaates entgegenstanden, bestimmten in den folgenden ersten Januartagen die Leitthemen. Am 4. Januar 1849 in Preußen und Deutschland beschäftigte Althaus die Frage, welche Einzelstaaten überhaupt ohne Wenn und Aber dazugehörten. Was war mit Schleswig und was vor allem mit dem Vielvölkerstaat Österreich, dem es schon nicht gelang, intern die Zugehörigkeiten der einzelnen Stämme zu klären? In der Nationalversammlung und in der Bevölkerung bildeten sich zwei Lager, das der großdeutschen Lösung mit Österreich, wie immer das aussehen könnte, und das der kleindeutschen Lösung unter der Führung von Preußen mit der Option eines späteren Beitritts von Österreich. Und wie würde selbst nach endgültiger Klärung der Zugehörigkeitsfrage die Umsetzung der Reichsverfassung und demokratischer Strukturen in den Einzelstaaten aussehen, angesichts der Tatsache, dass die monarchischen Regierungen Stück für Stück verlorenes Terrain zurückeroberten und dass der Zentralgewalt die Mittel fehlten? Notwendig sei ein allgegenwärtiger Aufschwung des demokratischen Geistes und der patriotischen Gefühle der Männer der ersten Stunde von Hallgarten und Heidelberg. Im Zusammenhang mit den monarchisch partikulären Eskapaden Preußens meinte Althaus: Trotz alles Sträubens und Hinzögerns wird Preußen  s o  in Deutschland aufgehen  m ü s s e n, wie  D e u t s c h l a n d  es will, und  n i c h t,  wie die Dynastie es sich vielleicht einbildet.
Und wie sah es mit der Anerkennung und Umsetzung der Reichsgesetze im Königreich Hannover aus? Machte doch das Ministerium Stüve-Bennigsen keine Anstalten, sie zu publizieren, im Gegenteil. Bereits im Vorfeld der Verkündung des Reichsgesetzes über die Grundrechte des deutschen Volkes hatte das hannoversche Ministerium gegen eine Publizierung agiert. In zwei Schreiben nach Frankfurt wurden Bedenken formeller und juristischer Art dargelegt, und zwar am 4. November und am 17. Dezember 1848 an hannoversche Bevollmächtigte bei der provisorischen Zentralgewalt. Mit dieser Verzögerungstaktik beschäftigte sich Althaus in vier Leitartikeln, erschienen in der Zeit vom 6. bis zum 12. Januar 1849. Er machte keinen Hehl daraus, dass er das Ministerium als Hemmschuh für die nationale Sache betrachtete. Diese Betrachtung basierte im Wesentlichen auf den zwei Ministerschreiben, Aktenstücke genannt. In diesen wurden formelle und rechtliche Bedenken gegen eine Publizierung der Reichsverfassung geäußert. Das hannoversche Ministerium gab an, vor der Verkündung von Reichsgesetzen sei ein Votum der Stände einzuholen. Außerdem sei sie vom juristischen Standpunkt aus bedenklich, man benötige das Protokoll eines Bundesbeschlusses vom 10. Juli 1848, das man in Hannover jedoch nie erhalten habe. Als dritter Grund wurde das mögliche Ausscheren Österreichs aus dem zu gründenden Staatswesen angeführt und somit eine möglichen Verzerrung der Mehrheitsentscheidung im Nachhinein. Alle Argumentationsansätze hielt Althaus für verlogen und nur um der Verzögerung der gemeinsamen Sache willen angebracht, was er in heftigen Wortattacken in den vier Artikeln zu Hannover und Deutschland darlegte. Schon mit der Formulierung der Titelzeile nannte er in der Ausgabe am 12. Januar 1849 die Dinge beim Namen: Die ministerielle Ehrlichkeit und das große Hinderniß der deutschen Einheit.





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