Am 10. Februar 1844 veranstaltete der studentische Leseverein in Berlin einen Fackelzug für die Brüder Grimm:
[...]
Doch Theodor
hatte nicht lange Zeit darüber nachzudenken, als schon wieder eine
Herausforderung auf ihn zukam. Ein Fackelzug für die Brüder Jacob und Wilhelm
Grimm in der Lennéstraße sollte veranstaltet werden. Die Brüder gehörten, wie
Dahlmann, zu den sieben Göttinger Professoren, die 1837 gegen die willkürliche
Aufhebung der Verfassung protestiert hatten und vom Hannoverschen König
entlassen wurden. Im Zuge des vielversprechenden Amtsantritts von König
Friedrich Wilhelm IV. waren sie im Jahre1840 rehabilitiert worden und hielten
Vorlesungen an der Berliner Universität.
Als Cheforganisator
der Veranstaltung hatte Althaus alle Hände voll zu tun, die vielen Meinungen unter
einen Hut zu bringen und die Vorbereitungen zu koordinieren. Um jenaischen
Verbindungsglanz nach Berlin zu holen, lieh man Kostüme bei Ausstatter Noack. Die polizeiliche Erlaubnis
wurde unter der Bedingung erteilt, dass einige wegen oppositionellen Verhaltens
aufgefallene Studenten nicht teilnahmen, was natürlich im Vorfeld großen Unmut und
erneute Diskussionen verursachte.
Als dann nach
einer Menge Arbeit und vielen Schwierigkeiten am 10. Februar 1844 der Tag des
Fackelzuges gekommen war, gab es einen fürchterlichen Schneesturm, sodass die
Teilnehmer in Burschenschaftsoutfit abends auf dem Hof der Universität bis zu
den Knien im Schnee standen. Als wäre das nicht genug, musste der Organisator
noch beim Umlegen der Schärpen, Umschnallen der Schläger und beim Anzünden der
Fackeln helfen. „…ein heilloser Gesammteindruck. […) denn überall war
fürchterliches Pöbelgedränge und dabei ein entsetzlicher Mangel nicht nur an
studentischem Tact, sondern an allgemeiner Anstelligkeit. Sie begriffen nichts
als wozu man sie stieß und schob“, notierte er im Tagebuch.
Immerhin
erreichte der Zug ohne Schneegestöber das Haus der Grimms in der Lennéstraße.
Theodor und einige andere gingen hinauf in die Wohnung und huldigten den
Brüdern Grimm mit einem dreifachen Hoch für ihr „echt deutsches Wesen und
Wirken“. Da Jacob sich nicht gut fühlte, redete nur Wilhelm vom Balkon aus zu
den Studenten, sinngemäß dahingehend, man solle die Wissenschaft nicht als
etwas Totes, sondern als Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart sehen. Es
folgten Hochrufe auf die Brüder, die Göttinger Sieben und Hoffmann von
Fallersleben, der sich in der Grimm’schen Wohnung aufhielt und eigentlich nicht
entdeckt werden wollte, weil er sich in Berlin gar nicht aufhalten durfte. Als
dann auch noch Georg Herwegh in Abwesenheit gefeiert wurde, war es den
Polizisten zu bunt. Sie ritten in die
Versammlung und trieben die Teilnehmer auseinander. Theodor ging noch einmal
hoch zu den Grimms, wo er sich mit Hoffmann unterhalten konnte und ihn dabei an
seinen Auftritt vor jenaischen Studenten zwei Jahre zuvor erinnerte.
Auszug aus:
Renate Hupfeld, Theodor Althaus - Revolutionär in Deutschland
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