Umtriebe gegen die "Bremer Zeitung"
[...]
Als Agitation
und Boykott über die Zeitung hinaus sogar gegen die traditionelle Heyse’sche
Verlagsbuchhandlung ausgedehnt wurden, entschied der Verleger, einen
Schlussstrich zu ziehen und sich von der Zeitung zu trennen. Die Bremer Zeitung
wurde an die Gebrüder Jänecke in Hannover verkauft, im Einvernehmen mit Theodor
Althaus, der sie dort unter dem Namen „Zeitung für Norddeutschland“ weiter
redigieren würde.
„Schwere Tage“, notierte er. „Durch die
unsittliche Finesse und die ganze Perfidie mich indirect als Rothen zu
schildern, fühlte ich die letzten Fäden reißen.“
Dem
bevorstehenden Ortswechsel konnte er durchaus positive Aspekte abgewinnen.
Hannover war besser an das Eisenbahnnetz angebunden als Bremen und somit
erreichten die neuesten Nachrichten die Redaktion schneller als bisher. Doch so
richtig wollte der Blick nach vorne und das Entwickeln von Perspektiven noch
nicht gelingen. Zu tief saß der verletzende Stachel. Die bittere Enttäuschung
brachte sein inneres Gleichgewicht ins Wanken. Er bekam Husten und wurde
krank. „Konnte nicht schreiben, fühlte
mich mit kurzen Unterbrechungen wie todt, wie vernichtet, sah mit Grauen dem
Winter und mit Ekel dem Leben entgegen.“
Trost fand er in
der Korrespondenz mit seiner Cousine Minna Schmitson in Frankfurt, die er auch
seinerseits trösten musste, weil ihr Vater als Angestellter bei der Bundesmilitärkommission
während des Straßenkampfes am 18. September eine Verwundung davongetragen
hatte: „Aber es gilt auszuharren und treu zu bleiben. Ein Frühling kommt, in
Menschenwelt und in Natur wird er uns wiederkehren!“
Einige Tage
später war von der Hoffnung auf Frühlingserwachen nichts mehr zu spüren. Am
liebsten hätte er losgeheult, als seine Schwester Elisabeth in seinem Zimmer
vor ihm stand und ihn an sich drückte. Die treue Seele war zu seinem Geburtstag
nach Bremen gekommen. Sechsundzwanzig Jahre alt wurde er und kam sich vor, als
hätte er das ganze Leben schon hinter sich. Selbst die Freude über das
Wiedersehen mit Elisabeth konnte seine Stimmung nicht verbessern. Ihr gegenüber
gab er sich optimistisch, wusste er doch, sie würde alles der Mutter erzählen
und die sollte sich keine Sorgen machen. Wie er sich wirklich fühlte, vertraute
er nur seinem Tagebuch an: „Ich habe verloren, ich weiß nicht mehr zu sprechen
wie sonst, seit ich so viel lese und schreibe. Ich kenne die Herzen nicht mehr
so, seit ich mir selbst so wenig, so fast niemals angehöre.“
Der Umzug nach
Hannover verzögerte sich, das politische Geschehen nahm unentwegt seinen Lauf.
In der Frankfurter Paulskirche hatten die Abgeordneten der Nationalversammlung
trotz zunehmender Fraktionsbildung noch immer ein gemeinsames Ziel, eine
Reichsverfassung. Die Arbeit an den Grundrechten und einzelnen Passagen des
Verfassungswerks ging voran. In Ausschüssen wurde diskutiert, bearbeitet und
beschlossen. Darüber und über den Ablauf der Sitzungen in der Paulskirche
informierte die Bremer Zeitung ihre Leser regelmäßig und ausführlich, ebenso
über Entwicklungen und Geschehnisse in den einzelnen Ländern.
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